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Die Einmaligkeit des jungen Menschen im Fokus

Würde als Grundverständnis und Bildungsauftrag in den stationären Betreuungssettings der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe

Allein durch das Wesen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe und ihren (stationären) Betreuungsangeboten als Teilbereich der Sozialen Arbeit ist Würde in deren Wirkungskontext allgegenwärtig: „Soziale Arbeit befasst sich mit Menschen, die man als vulnerable individuals and groups bezeichnet. Gemeint sind Kinder, Behinderte, Arme, Sozialhilfeempfänger, Obdachlose, Angehörige von ethnischen oder sexuellen Minderheiten, ferner Flüchtlinge…“ (Staub-Bernasconi 2006, S. 283), deren Würde ständig in Gefahr ist.

Foto: Nathan Anderson auf unsplash

Die stationäre Kinder- und Jugendhilfe beschäftigt sich mit einer dieser verletzlichen Zielgruppen, deren Würde in ihrem bisherigen Leben bereits bedroht – meist auch verletzt wurde: Junge Menschen, die aus schwierigen Herkunftskonstellationen stammen und aus unterschiedlichen Gründen fremduntergebracht werden müssen.

In diesem Handlungskontext ist ein Verständnis der Menschenwürde, welches dem jungen Menschen einen nicht hinterfragbaren und unberührbaren Wert zukommen lässt und ihn in seiner Einmaligkeit anerkennt – unabdingbar für das pädagogische Handel mit den Kindern und Jugendlichen. Der Grundgedanke der in ihr wirkenden Personen und Institutionen muss deshalb Folgender sein: Für die betreuten jungen Menschen werden, auf deren individuellen Bedürfnisse zugeschnittene Betreuungsangebote kreiert, die die bestmögliche Grundlage für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben bieten. Ziel ist es, den jungen Menschen in seinem Handeln Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit erfahren zu lassen und damit den Grundstein für das Wahrhaben der Würde auf allen Ebenen zu legen.

Diese Pädagogik nimmt die Einmaligkeit des jungen Menschen in den Fokus und zielt auf eine selbstbestimmte, würdevolle Lebensführung ab, welche vor Instrumentalisierung und einer damit einhergehenden Gefährdung der Würde schützen soll. Allerdings bringt der Kontext der Kinder- und Jugendhilfe für die jungen Menschen allein durch die vorhandene Hilfebedürftigkeit bereits ein würdeverletzendes Potential mit sich. Umso wichtiger ist es, die Würde nicht nur als selbstverständliche Grundhaltung mit sich zu tragen, sondern diese fortlaufend in den Mittelpunkt zu stellen und mit den betreuten jungen Menschen altersentsprechend zu thematisieren. Dadurch kann es gelingen, den jungen Menschen zum Aufbau einer eigenen Macht und dem Schutz der eigenen Würde zu befähigen und so zur Selbstständigkeit und Selbstwirksamkeit mitzuwirken.

Neben diesem Grundverständnis des nicht hinterfragbaren Wertes eines jeden Menschen muss Würde als Bildungsauftrag verstanden werden: Würde in den Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe bedeutet, den jungen Menschen fortlaufend an das Thema der innewohnenden Würde heranzuführen und den Zusammenhang zum Ziel der eigenen Autonomie und Selbstbestimmung deutlich zu machen. Im pädagogischen Alltag werden Würde und die damit zusammenhängenden Themen bereits selbstverständlich gelebt und individuell gestaltet. Hier darf sich dem Thema „Würde“ aber auch ganz explizit mit Büchern, Spielen und Ähnlichem, die es bereits für Kleinkinder gibt, genähert werden. Aufgabe der Pädagogik ist es hier auch, über Menschenrechte und ihrem Ursprung in der Menschenwürde zu informieren, deren Bedeutung zu betonen, und die jungen Menschen damit zum Nachdenken über das eigene Würdeverständnis anzuregen.

Rainer Haug

Text: Rainer Haug, Gesamtleitung der haug&partner unternehmensgruppe

Die haug&partner unternehmensgruppe ist mit ihren sieben Einzelunternehmen im Bereich der Kinder- Jugend- und Familienhilfe bundesweit und im Ausland tätig. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihren Herkunftsfamilien leben können, ein Aufwachsen in einem familiären Setting zu ermöglichen. Um dies umzusetzen bieten wir im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe vorrangig stationäre Betreuungsmöglichkeiten innerhalb einer Familie an, in welcher mindestens eine sozialpädagogische Fachkraft als „Elternteil“ lebt.