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„Wir müssen der Natur ihre Würde zurückgeben“

Vieles hat sich seit der Industrialisierung entwickelt. Doch was von den meisten Menschen als Zeitalter des Fortschritts gesehen wird, zeigt spätestens seit einigen Jahrzehnten seine verheerenden Auswirkungen. Mit der Industrialisierung einher wandelt sich das Klima – und das zum ersten Mal zum größten Teil durch uns Menschen verursacht. Das Ironische: Der Klimawandel hat nicht nur fatale Konsequenzen für die Natur, sondern auch gleichzeitig auf den menschlichen Lebensraum. Wer keine Rücksicht auf die Natur nimmt, zerstört auch die eigene Lebensgrundlage.

Bild: Ronan Furuta auf Unsplash

Der Philosoph Hans Jonas, von dem das Zitat „Wir müssen der Natur ihre Würde zurückgeben“ stammt, beschäftigte sich schon im 20. Jahrhundert mit den Auswirkungen der Industrialisierung auf die Natur. Er sorgte sich, dass die Technisierung der Gesellschaft weitreichende Konsequenzen für die Natur haben würde. Auch wenn er das Ausmaß, in dem der Mensch Einfluss auf die Natur nimmt, noch nicht absehen konnte, sollte er mit seinen Sorgen Recht behalten. Der Mensch zerstört ganze Vegetationen und Lebensräume. Bereits jetzt zeigen sich die Auswirkungen des Klimawandels: Wetterextreme und in der Folge Überschwemmungen, Dürreperioden etc. sind schon längst brutale Realität.

Auswirkungen des Klimawandels

An den Polen schmilzt das Packeis rasant, wodurch sich der Meeresspiegel erhöht. Für Eisbären beispielsweise hat das reale Folgen: Seewege wie die Nordostpassage, die die Tiere bisher genutzt haben, bleiben eisfrei und sind nicht mehr überquerbar.
Bild: James Eades auf Unsplash

In Südamerika werden große Teile des Regenwaldes von Savanne zurückgedrängt, und auch in Afrika breiten sich immer mehr Wüsten aus. Dadurch schwindet der Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten.
Bild: The.Fr_me auf Unsplash

In Asien nimmt die Gefahr von Erdrutschen und Überschwemmungen zu, insbesondere in der Nähe von Flussdeltas.
Bild: Timo Volz auf Unsplash
Besonders in äquatorialen Gebieten gibt es immer längere Dürreperioden. Die Folgen: Weniger Möglichkeiten zum Anbau von Nahrungsmitteln und ein schnellerer Rückgang der Artenvielfalt.
Bild: Mike Erskine auf Unsplash
Steigt der Meeresspiegel aufgrund der Erderwärmung weiterhin ungebremst, könnten in einigen Jahrzehnten ganze Küstenorte und Inselstaaten verschwunden sein.
Bild: Kelly Sikkema auf Unsplash

Auch in Europa machen sich die Folgen des Klimawandels bemerkbar. Die Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 ist wohl das präsenteste Beispiel. In diesem heißen Sommer haben wir wochenlang in den Nachrichten die Waldbrände in den südeuropäischen Ländern wie Italien, Portugal oder Spanien verfolgen können. Mitverantwortlich für diese Extremwetterzustände ist der menschengemachte Klimawandel. Die sogenannte „Attributionsforschung“ untersucht, wie hoch dieser Anteil ist.

Selbst an den nördlichen EU-Staaten wie Schweden ging der heiße, regenarme Sommer nicht spurlos vorbei. Die Seen in dem Land verlanden mit der Zeit und die Vegetation in ihnen geht zwangsläufig zurück.

Es ist längst eine bekannte Wahrheit: Unsere Art zu leben belastet die Umwelt. Wir produzieren Massen an Müll, verbrennen fossile Materialien wie Kohle, Gas und Öl. Wir roden ganze Wälder ab und halten Tiere in Massenviehzucht. All das sorgt für steigende Treibhausgasemissionen, die wiederum die Erderwärmung beschleunigen. Im Jahr 2020 war die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre 48 Prozent höher als vor Beginn der Industrialisierung um 1750.

Es ist keine Überraschung, dass vor allem die Länder für die Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, die wirtschaftlich am meisten von der Industrie profitieren. Während aktuell China fast ein Drittel des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes verursacht, der europäische Kontinent ca. 14 Prozent und die Vereinigten Staaten fast 13 Prozent, ist der afrikanische Kontinent beispielsweise für weniger als 4 Prozent verantwortlich.

Die durchschnittliche weltweite Temperatur lag 2020 bereits 1,2 °C über dem Niveau vor Beginn der Industrialisierung. Wir alle kennen den kritischen Wert von 1,5 °C, den wir nicht überschreiten dürfen, wenn wir noch massivere, unvorhersehbare Veränderungen verhindern wollen.

Auch wenn sie die geringste Verantwortung tragen, sind die Länder des globalen Südens voraussichtlich am stärksten vom Klimawandel betroffen. Hungerkatastrophen und Wasserknappheit werden sich in den nächsten Jahren noch verschärfen und können zu Kriegen und Massenmigration führen.

Uns sollte längst klar sein: Die zerstörerische und egoistische Art, auf die wir mit der Natur umgehen, nimmt ihr die Würde. Doch sie führt auch dazu, dass uns selbst die Würde genommen wird. Wenn wir uns retten wollen, müssen wir also endlich respektvoll mit der Natur umgehen und ihre Würde anerkennen. Damit sollten wir so schnell wie möglich beginnen.

Text: Gina Tomaszewski